Die Vorphilatelie - ein Überblick (erstellt v. H. Dröge)

 

Mit der Aufnahme der Postroute zwischen Wien und Pressburg im Jahre 1526 und zwischen Wien und Buda 1527 begann das Postwesen in Ungarn. Die Bevölkerung konnte sich an dem Postverkehr entlang dieser Hauptstraßen beteiligen. Ferenc Rákóczi II eroberte um 1700 weite Teile Ungarns und errichtete sofort neue Postrouten.

 

Brief mit vierfachem Citovermerk an den Richter der Bergstadt Kremnitz in lateinischer Sprache aus Pápa vom 23. Januar 1632

 

Brief aus Esseg nach Poszony. Halbportogebühr 4 Kr. bei einem Briefgewicht von 1/2 Lot vom 30. Juni 1740

(Der Brief ist in der ungarischen Monographie Band 1 Seite 221 abgebildet.)

 

Am 18. September 1752 wurde der fahrplanmäßige Postkutschendienst in Betrieb genommen und gleichzeitig wurde der Aufgabeortsstempel eingeführt. Bis dahin reichten handschriftliche Vermerke aus. Die bekanntesten ältesten Stempel stammen aus Debrecen sowie Nagyszombat aus dem Jahre 1752. Es ist aber nicht auszuschließen, daß in anderen Städten des Landes, obwohl dies mit Forschungsergebnissen nicht belegt werden kann, schon früher Stempel eingesetzt waren. Das Postamt der ungarischen Hauptstadt Buda hatte schon damals den Rang einer Hauptpost und es könnte sein, daß dort schon vorher ein Stempel benutzt wurde. Der erste bekannte Stempel aus Pozsony (Pressburg - Bratislawa) ist aus dem Jahre 1755 und auch hier könnte es möglich sein, daß dort schon früher ein Stempel benutzt wurde, weil ja diese Stadt viel näher an der damaligen Reichshauptstadt Wien lag als irgendeine der anderen Städte.

 

Brief nach Wien aus dem Jahre 1759. Das Porto betrug 4 Kr.

 

Die Farben der Stempelungen in der Vorphilazeit weisen viel weniger Abwechselung auf wie die der Stempelformen. Das ist darauf zurück zu führen, daß dem Formenreichtum der Stempelmuster nur die Phantasie der Postmeister eine Grenze setzte, ihre Färbung aber wurde durch die damals nur zur Verfügung stehenden Farben und Tinten stark beeinflußt Die Farben und Stempelformen waren an keine Vorschriften gebunden. Die erste, die Farben betreffende Verordnung, stammt aus dem Jahre 1817, die aber wie viele andere Verordnungen aus dieser Zeit nicht beachtet wurden. Die ersten ungarischen Ortsabstempelungen waren in schwarz und bereits im Jahre 1754 auch schon in roter Farbe. Erstmalig wurde dann im Jahre 1817 die Farbe blau benutzt und ab dem Jahre 1823 findet man Stempel in grüner Farbe. In drei Poststellen (Tirnau, Holics und Okolicsna ) sollen auch gelbe Stempel benutzt worden sein. Was den Gebrauch der Farben untereinander anbelangt ergab eine Überprüfung, daß bei den jeweils ersten Poststempel der Poststeilen sich folgendes Verhältnis ergibt:

schwarz = 84,8% - rot = 12,9% - blau = 1,7% - grün = 0,6% - und gelb keine

 

Brief vom 6. März 1786 mit rotem Einzeiler aus Clausenburg nach
Pest mit 4 Kr. Beförderungsgebühr.

 

Das Postamt Gran (ung. Esztergom) schlug zeitgleich rote und schwarze Stempel ab. Der gezeigte schwarze Stempel stammt aus dem Jahr 1836 der rote vom 29. September 1828.

 

Auch während der Epoche der ungarischen Vorphila wurden einige Negativstempel eingesetzt. Der Negativdruck ist ein Verfahren bei welchem die Schrift, Verzierung oder ähnliches in der Farbe des Papiers, die umgebende Fläche in anderer Farbe erscheint. Er ist sehr wirkungsvoll und lässt sich vielfältig verwenden. Die Herstellung und Verwendung dieser Negativstempel bedeutet in Ungarn ein sehr großes Problem. Die Stempel sind zum größten Teil mehr als schlecht hergestellt worden und eine optimale Benutzung war wohl auch nicht sichergestellt. Leider ist bei den meisten Stempelabschlägen der Postaufgabeort nur sehr schlecht zu erkennen und vielfach nur zur erahnen bzw. aus dem Briefinhalt zu entnehmen. Vorsicht vor Fälschungen. Man sollte nur Briefe mit Inhalt erwerben, denn nur so kann die Echtheit sichergestellt werden. 

 

Negativstempel: Das Vollporto für diesen 1/2 Lot schweren Brief vom 14. Juli 1818 betrug 10 Kr für die Beförderung bei einer Entfernung von bis zu 15 Poststationen

 

Die Cholera brach um 1830 in Europa aus. Die damals in Europa kaum bekannte Krankheit breitete sich als Epidemie von der Türkei und Galizien kommend in ganz Ungarn aus. Zunächst wurden die Grenzen gesperrt, dann aber viel zu schnell wieder geöffnet. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Krankheit ab der Theiß schon ausgebreitet. Um auch weiterhin den Postverkehr mit den von der Epidemie nicht heimgesuchten Gebieten aufrechtzuerhalten, entschloss man sich diese Briefe zu desinfizieren. So wollte man die Übertragung der Krankheit vermeiden. An den Grenzübergängen wurden daher Desinfektionspostämter eingerichtet. Die Briefe wurden mit einer langstieligen Zange angefasst und dann mit einer Nadel durchlöchert. Anschließend hielt man sie über Essigdampf oder Rauch und glaubte damit die Briefe desinfizieren zu können.

 

Sogenannter Cholera-Brief vom 20 Juli 1831 mit den erwähnten Räucherschlitzen

 

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